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    #42 Opiat-Krise auch in Deutschland?

    27. Oktober 2019

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    Prof. Dr. med. Harald Schmidt

    Was hat es mit der Opiatkrise in den USA auf sich und droht so etwas bei uns?




    — SONG / INTRO —




    In den USA sind in 2018 etwa 80.000 Menschen an einer Überdosis Drogen gestorben. In 36 Bundesstaaten verklagen mehr als 1.600 US-Städten Arzneimittelhersteller und Händler, um Milliarden Dollar für die Bekämpfung der Folgen der mit der Opioidsucht verbundenen Krise im Bereich der öffentlichen Gesundheit. Verordnung hat in D auch zugenommen. Droht auch eine Krise?




    Was sind Opiate, was Opioide?

    Stärkste Schmerzmittel


    Essentiell bei Tumorschmerz oder Herzinfarkt mit Todesangst


    Aus Opium = getrockneter Milchsaft des Schlafmohns


    Teilsynthese, Vollsynthese


    verschiedene Opiat-Rezeptoren


    Körpereigene = Opioide-Peptide


    Gleicher Rezeptor, gleiche Wirkung, gleiche Nebenwirkungen




    Wo wirken Opiate?

    Nicht Opioide Schmerzmittel vorwiegende am Ort der Schmerzentstehung


    Opioide vorwiegend auf die Weiterleitung des Schmerz im Rückenmark und Schmerzempfindung im Gehirn




    Welche Opiate gibt es? Welches ist das stärkste?

    Analgetische Potenz


    Morphin-Äquivalente 1


    Fentanyl 120, Derivate bis zu 5000 und mehr


    Tilidin, Codein, Tramadol 0,1


    Naloxon, Naltrexon 0 Antagonist


    Loperamid 0


    https://de.wikipedia.org/wiki/Analgetische_Potenz 




    Gibt es Opiate die nicht süchtig machen?

    Nein


    Sucht eine Frage der Wirkstärke, Dosis und Zeitverlauf, v.a. schnell anflutend (kick) führt zum Missbrauch


    Selbst Tramadol hat Potential, daher Tropfen inzwischen BtM


    Tilidin wird mit Naloxon kombiniert




    Wer darf Opiate verschreiben?

    Nur Ärzte


    Rp: Einige auf normales Rezept


    BtM-Rp: die meisten auf BtM-Rezept mit 3 Kopien: Apotheke, Arzt, Bundes-Opiumstelle


    Nicht verkehrsfähig: Heroin, Morphin-Abkömmling, war 1897 Bayer Produkt, Bis in die dreißiger Jahre hinein verkaufte Bayer weltweit hochreines Marken-Heroin für viele Indikationen, einschließlich Husten, Depression, Asthma, Heroin-getränkte Tampons, 5% des Umsatzes, “heroische” Neuentwicklung, wurde ohne Daten als nicht-abhängigmachend vermarktet. Selbst die Gesunden hatten viel Spaß mit Heroin. Alpenclubs empfahlen ihren Mitgliedern, vor einer Tour ins Hochgebirge das Zeug zu schlucken, weil das die Atmung erleichtere. Entscheidend für die ausbleibende Sucht war die damals vorherrschende Art der Heroin-Aufnahme. Die Kranken schluckten nur wenige Milligramm - weniger als ein Zehntel dessen, was sich Fixer spritzen. Oral aufgenommen gelangt es nur langsam ins Gehirn. Einen Flash erlebten die damaligen Konsumenten nicht.




    Warum machen Opiate Verstopfung?

    Auch über µ-Rezeptoren


    Darmbewegung vermindert, Wasseraufnahme erhöht.


    Harter Stuhlgang der nur langsam ausgeschieden wird.


    Fast alle Patienten, teilweise belastender als der ursprüngliche Schmerz


    Mechanismus entspricht Loperamid bei der Reisediarrhoe, nur dieses wirkt nicht auf Nerven und Schmerz (Blut/Hirn-Schranke)


    Diese Nebenwirkung bleibt, immer Abführmittel mit verordnen


    Übelkeit, Erbrechen, Sedierung (Schlafanstoßend) Toleranz




    Wann machen Opiate abhängig?

    Wenn mehr als gebraucht, daher fester Zeitplan abhängig von der Wirkdauer


    Wenn nach “Bedarf”


    Wenn zu schnell abgesetzt




    Welche Risiken haben Opiate? Gibt es Gegenmittel? 

    Hauptrisiko akute Überdosierung mit Atemlähmung 


    Gegenmittel Naloxon, auch zum Entzug




    Was in den USA passiert?

    In USA aggressive Vermarktung von Opioiden an Ärzte durch z.B. Johnson & Johnson und Purdue, erhöhten Opioidverordnung, danach erhöhten Mortalität aufgrund von Überdosierungen (Hadland et al. 2019). Anzeichen für eine Opioid-Epidemie in Australien und Kanada, aber nicht in Deutschland. 




    Chronischen Nichtkrebsschmerzen nur wenige profitieren. Sorgfältig Patienten selektieren. Mehrkomponentenschmerztherapien, hat Opioidepidemie in Deutschland verhindert (Häuser, Schug, and Furlan 2017). Opioide sind nicht die Ersttherapie für Patienten mit chronische nicht durch Krebs verursache Schmerzen (Busse et al. 2018).




    Oxycodon. zwölf Stunden Schmerzfreiheit, garantiert durch Überzug, der zudem das Missbrauchspotenzial aufgrund der ausbleibenden schnellen Anflutung im Gehirn senken sollte. Überzug einfach durch Zerkleinern, Zerbeißen oder Auflösen unwirksam.




    Eine weitere Vermarktungsstrategie, in D undenkbar ist, Rabatt-Coupons, im Internet herunterladen und bei Vorlage eines Rezepts einlösbar.




    Steigenden behördlichen Druck: Arzt verschrieb nach Genesung der Schmerzursache kein Opioid mehr. Auf dem Schwarzmarkt „Oxy-Pille“ 50$ 43€). Zu teuer, Umstieg auf Heroin. Dosis etwa 20$ 17€. Unsauber, Fentanyl beigemischt (gespikt). Todesfälle. 




    Im Gegenteil: In D sind Schmerzpatienten unterversorgt

    Heroinkonsum rückläufig.




    Chronisch Kranke sind in Deutschland nach wie vor deutlich unterversorgt. 


    Berufsverband der Ärzte und Psychologischen Psychotherapeuten in der Schmerz- und Palliativmedizin in Deutschland (BVSD) anlässlich der Vorstellung des neuen BVSD-Weißbuchs Schmerzmedizin: https://www.bvsd.de/wp-content/uploads/2019/05/BVSD-Weissbuch_Schmerzmedizin_2019_final.pdf 


    Demnach können in Deutschland derzeit rund 350.000 Patienten mit schweren chro­nischen Schmerzen von einem der 1.206 ambulant tätigen Schmerztherapeuten in einem Quartal versorgt werden. Es gebe aber 3,4 Millionen Menschen in Deutschland mit schweren chronischen Schmerzen.


    Regionale Unterschiede in der Versor­gung hin: zwischen den ersten Symptomen einer chronischen Schmerz­erkrankung und dem Beginn von qualifizierten schmerzmedizinischen Maß­nahmen: Sachsen-Anhalt 3 Jahre, Thüringen 6,5.


    Unnötige und kostenin­ten­sive Diagnostik, Behandlungen und Operationen seien die Folgen der Patienten­odysseen und der sich häufig daran anschließenden schmerzmedizinischen Fehlver­sorgung.




    Geschichte hatte sich wiederholt

    Während beim Morphin in Europa keine Suchtsymptome auftraten, war dies in den USA, dem besten Kunden von Bayer, anders. Eine Art Junkie-Staat. 10% Ärzte opiatabhängig, Hunderttausende spritzten sich Morphin, eingewanderte Chinesen rauchten Opium; seit 1910 stiegen viele um auf Bayers Heroin.


    Kliniken füllten sich mit Heroinisten, staatlich stärker kontrolliert und Verschreibung erschwert. Der Heroin-Handel entwich auf den Schwarzmarkt, die Preise stiegen, die Beschaffungskriminalität auch. 


    Im Untergrundgeschäft machten deutsche und andere Pharmafirmen Kasse. Ende der 1920er Jahre lag der legale Weltbedarf an Heroin bei 2t/Jahr, hergestellt wurden aber 9. Hoffmann-La Roche dealte konspirativ mit der Mafia und lieferte an Schmugglerorganisationen, als "harmlose Chemikalien" getarnt. 1927 eine Verwarnung von der internationalen Opium-Kommission.


    Internationalen Opium-Abkommen 1931: Ende der die Heroin-Geschäfte von Bayer und anderen Firmen. Heroin war aus den Apotheken verbannt.




    Zusammenfassung: //  
    • Opiate gehören zu den stärksten und daher wichtigsten Schmerzmitteln


    • Bestimmungsgemäß gebraucht, z.B. bei Tumorschmerzen, unter verantwortungsvoller ärztlicher Aufsicht, wenige bis keine Probleme, außer Verstopfung


    • Nicht bestimmungsgemäß gebraucht, z.B. chronisch für Rücken und Kopfschmerzen, Gewöhnung, Abhängigkeit und Suchtgefahr


    • Risiko von Substanz zu Substanz unterschiedlich, bis hinzu BtM, aber bei Nicht-BtM wie Tramal nicht null


    • Chronische Schmerzpatienten so schnell wie möglich zu Schmerzspezialisten. // 




    Pharma-Song: //  

    Der heutige Song lautet passenderweise


    • “Morphin”


    • und ist von Liam x


    • von dessen 2017er Album Electronia


    • Zitat: “Kühles Morphin, Alles wieder taub, Egal was du jetzt sagst ich halt es aus, Kühles Morphin, Fließt unter meiner Haut”.


    Link https://music.apple.com/de/album/morphin/1231069659?i=1231070453&l=en   //  




    Nächste Woche:

    Also keine Angst vor Bestimmungsmäßigem Gebrauch, aber durch den Fachmann: Nächste Woche steige ich mittels eines Interviews noch konkreter in die Schmerztherapie ein, mit konkreten Handlungstipps für Patienten und Angehörige.




    Mehr Infos:  //  

    Meine Bitte an Sie: //

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    Belege

    Busse, Jason W., Li Wang, Mostafa Kamaleldin, Samantha Craigie, John J. Riva, Luis Montoya, Sohail M. Mulla, et al. 2018. “Opioids for Chronic Noncancer Pain: A Systematic Review and Meta-Analysis.” JAMA: The Journal of the American Medical Association 320 (23): 2448–60.


    Hadland, Scott E., Ariadne Rivera-Aguirre, Brandon D. L. Marshall, and Magdalena Cerdá. 2019. “Association of Pharmaceutical Industry Marketing of Opioid Products With Mortality From Opioid-Related Overdoses.” JAMA Network Open 2 (1): e186007.


    Häuser, Winfried, Stephan Schug, and Andrea D. Furlan. 2017. “The Opioid Epidemic and National Guidelines for Opioid Therapy for Chronic Noncancer Pain: A Perspective from Different Continents.” Pain Reports 2 (3): e599.






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