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    #30 Ich krieg die Krätze!

    16. Juni 2019

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    Prof. Dr. med. Harald Schmidt

    Heute geht es, passend zum vorherigen Podcast zu FSME und Zecken, wieder um einen Hautbefall, der recht aktuell ist, die Krätze  //  




    “Ich krieg die Krätze!” bedeutet soviel wie ich bin total genervt. Es wird mir zu viel.




    Krätze nimmt zu
    • Bis vor einigen Jahren hätten die wenigsten gewusst was genau die Krätze ist. Krätze galt als seltene Erkrankung.


    • Hat sich geändert; In Deutschland immer häufiger.


    • Ausbreitung unterschätzt; immer häufiger versagen gängige Therapien.




    Zunahme
    • Aufgrund der fehlenden generellen Meldepflicht keine genauen Fallzahlen.


    • Anhand der Diagnosedaten von Patienten, die vollstationär in ein Krankenhaus aufgenommen wurden, ein Anstieg der Erkrankungen.





    Skabiesfälle in deutschen Krankenhäusern (absolute Fallzahl)


    https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/_Resources/Persistent/f/7/2/7/f7276c6eab95a8888df8ce847ce94b64ead96669/23_ck_Scabies_17505221-700x277.png




    Was genau passiert bei Krätze?

    • Befall der Haut mit der Skabiesmilbe / Krätzemilbe, ein Spinnentier

      0,5 mm, mit bloßem Auge höchstens als Punkt

      auf Mensch spezialisiert

      Haustiere nicht befallen.

      Ebenso überleben Tiermilben auf dem Menschen nicht lange.


    • Keine Infektion, sondern “Besiedlung” der Hornschicht der Haut

      nicht in die tieferen Hautschichten


    • Bevorzugt Areale mit dünner Hornschicht und hoher Temperatur


    • Weibliche Milbe gräbt täglich 5 mm, Komma-artige, unregelmäßig gewundene Gänge

      Ende manchmal ein kleines Bläschen

      In diesen Gängen werden Eier abgelegt

      Krätzemilbe stirbt nach 30 bis 60 Tagen


    • Aus den Eiern entwickeln sich innerhalb von zwei bis drei Tagen Larven,

      die vor allem Hautfalten besiedeln

      nach zwei bis drei Wochen geschlechtsreif, nächste Milbengeneration, u.s.w.


    • Zusätzlich Ekzem möglich


    • Skabies vom lateinischen Wort für kratzen: scabere

      Juckreiz durch Immunantwort: Typisch am ganzen Körper und nachts




    Besiedlung
    • Übertragung von einem begatteten Milbenweibchen ausreichend, i.d.R. ca. 15

      Bei besonders ansteckender Krusten-Skabies Tausende bis Millionen Krätzemilben,

      Schon durch Hautschuppen übertragen


    • I.d.R. von Mensch zu Mensch; es muss also eine Person im Umfeld infiziert sein

      →  gründlich Nachforschen; Ping-Pong vermeiden


    • Textilien (z. B. Bettwäsche) theoretisch möglich

      überleben außerhalb des Menschen nur 48 h


    • Milben bewegen sich langsam und orientieren sich an Geruchs- und Temperaturunterschieden.


    • Großflächigen, längeren und kontinuierlichen Haut-zu-Haut-Kontakt 5-10 min,

      Durch Ausbreitung in Freundeskreisen angezweifelt


    • Nicht Händeschütteln oder Umarmen von Patienten mit gewöhnlicher Skabies


    • Vor allem Familienmitglieder, Partner, Pflege- und Betreuungskräfte




    Symptome
    • Erst nach langer Zeit 2-4 Wochen


    • Typisch Juckreiz in der Nacht


    • Am ganzen Körper, im Gegensatz zum Beispiel zum Handekzem, bei dem nur die sichtbar betroffene Haut juckt.


    • Praktisch immer: Hände und/oder Füße: Handkanten, Fingerseitenkanten/zwischenräume


    • Auch: Analfalte, Leiste, Knöchel, Brustwarzenhof, Penisschaft


    • Evtl. später Exanthem




    Ausnahme Krustenskabies
    • Krusten und Borken, die leicht an Psoriasis erinnern.


    • hoch ansteckendend


    • kann Juckreiz fehlen.


    • Oftmals Ältere mit vielen Erkrankungen, immunsupprimierte


    • Diagnose erst, wenn bei Kontaktperson gewöhnliche Krätze.




    Meldepflichtig?
    • Keine generelle Meldepflicht.


    • Wenn allerdings Menschen in Gemeinschaftseinrichtungen (z. B. Pflegeheime, Asylbewerberunterkünfte, Justizvollzugsanstalten) Gesundheitsamt melden.


    • Warnhinweise an Kindergärten und Schulen („in unserer Einrichtung ist Krätze aufgetreten“) inzwischen genauso häufig auf wie bisher für Läuse.




    Risikogruppen
    • Menschen auf engem Raum


      • Vorwiegend Kinder und Jugendliche, Kindergarten, oft unzureichend behandelt


      • Altersheim, v.a. immunsupprimierte Ältere (Krusten-Skabies!)


      • Gefängnis


      • Obdachlosenheim


    • Migranten aus Ländern mit höherer Prävalenz


    • Häufig wechselnden Sexualpartnern.


    • Verbesserte Diagnose, mehr Fälle erkannt.




    Behandlung
    • Krätzmilbe abtöten (ovozid)


      • beim Patienten selbst


      • sowie bei allen möglicherweise bereits infizierten Kontaktpersonen vorsorglich mit behandeln: selbe Wohnung, sowie Geschlechtspartner.


    • Rp. Äußerlich: Permethrin (Infectoscab®, Permethrin biomo®), einmal, tötet ab


      • Ab dem 3. Monat (auch unter 2 Monaten laut Leitlinie, nicht Zulassung)


      • früher extrem zuverlässige


      • erstmals aus Australien Berichte deutlich an Wirksamkeit verloren


    • Rp. Innerlich: Ivermectin (Scabioral®),


      • tötet nicht ab, daher Wiederholungsbehandlung nach 7–14 Tagen


      • Gewichtsadaptiert 0,2 mg/kg KG (ggf. aufrunden)


      • Juckreiz nimmt sogar zu


      • bessere Abheilungsraten, immer noch Therapieversager


      • Große Nachfrage, starke Lieferschwierigkeiten, mehrere Wochen nicht verfügbar


    • Rp.-frei, wichtige Alternative, äußerlich, mehrere Tage


      • Benzylbenzoat-Creme (Antiscabiosum®)


      • Crotamiton (Crotamitex®)


    Unabhängig welche Therapie,


    mehrere Wochen, gegebenenfalls Monate akribisch nachkontrollieren,


    persistierende Infektion / Reinfektion aus dem Umfeld sicher ausschließen.




    Äußerliche Behandlung richtig durchführen
    1. Fingernägel kürzen und reinigen: durch Kratzen Milben unter den Nägeln


    2. Gründlich duschen / Baden: Hautschuppen entfernen


    3. Abkühlen: 60 Minuten nach dem Baden warten


    4. Unterkiefer bis Zehen den ganzen Körper gründlich und lückenlos eincremen/Lotio


      1. Helfen lassen: Handschuhe!


      2. Bei Säuglingen, Kleinkindern und Krustenkrätze auch der Kopf


      3. Augen und den Mund aussparen


    5. Hände gewaschen? Sofort wieder eincremen.


    6. Erst nach der gesamten Einwirkzeit (8-12 h, über Nacht, bis zu 4 d) duschen/baden.




    Bett, Kleidung, Schuhe, Möbel...
    1. Bett frisch beziehen


    2. Textilien, 4 d vor der Therapie direkten Hautkontakt

      (z. B. Kleidung, Bettwäsche, Handtücher):

      mindestens 50°C für wenigstens zehn Minuten waschen


    3. Schuhe: Oft vergessen, täglich wechseln


    4. Alles, was nicht so heiß gewaschen (z. B. Stofftiere, Schuhe) in Plastiksack:


      1. 72 h, 21°C, z. B. vor Heizkörper


      2. Oder 7 d


    5. Polstermöbel, Autositze oder Teppiche wenn Hautkontakt bestand:

      absaugen, mind. 48 Stunden nicht benutzen,




    Wie lange infektiös

    Wann Kinder wieder in den Kindergarten bzw. Schule und Erwachsene zur Arbeit?


    • Nach Permethrin: 8-12 h


    • Nach Ivermectin: 24 h


    • Dennoch bis 36 h auf engen Körperkontakt verzichten, Milben noch beweglich


    • Bei der Krustenkrätze: Isolation, nach der Wiederholungsbehandlung, nach 7-15 d.




    Behandelt und nun?
    • Nach der Behandlung noch einige Wochen Juckreiz und Ekzem


    • Haut beobachten: Keine neuen Rötungen?


    • Juckreizlindernde Basispflege: Folge-Ekzem durch Kratzen zu vermeiden




    Zusammenfassung: //  
    • Krätze einst selten, wieder häufiger


    • Typisch Jucken am ganzen Körper und nachts


    • Übertragung und Besiedlung nur bei relativ langem Kontakt


    • Behandlung äußerlich oder innerlich, lange und diszipliniert, auch Kleidung, Bett und Möbel


    • Kontaktpersonen mit behandeln


    • Jucken kann noch anhalten, Haut pflegen //




    Pharma-Song: //  


    Heutiger Song:
    • Titel “Die Krätze ist wieder da”


    • Sven van Thom


    • 2017 Album “Pudding mit Frisur”


    • Zitat: “”


    Links:  https://youtu.be/fIFf6Ou6wYI / https://open.spotify.com/track/3TC2ZNRQpZwohJBiQNCsDy?si=D_9Kj08rTZCQJAfhYXar8Q    //  




    Literatur

    Diagnosedaten der Krankenhäuser ab 2000 (Eckdaten der vollstationären Patienten und Patientinnen). Gesundheitsberichterstattung des Bundes. ICD10: B86 Skabies, www.gbe-bund.de, Abruf am 18. April 2019


    Dressler C, Rosumeck S, Sunderkötter C et al. The treatment of scabies – a systematic review of randomized controlled trials. Dtsch Arztebl Int 2016;113:757-762


    Kämmerer E. Skabies – Erfahrungen aus der Praxis. Deutsches Ärzteblatt 2018;115(15):A700-702


    Salavastru CM, Chosidow O, Boffa MJ et al. European guideline for the management of scabies. J Eur Aacad Dermatol Venerol 2017;31(8):1248-1253


    Skabies (Krätze). Ratgeber für Ärzte. Herausgegeben vom Robert Koch-Institut, Epidemiologisches Bulletin 2016;27:229-239, www.rki.de


    Sunderkötter C, Aebischer A, Neufeld M et al. Zunahme von Skabies in Deutschland und Entwicklung resistenter Krätzemilben? Evidenz und Konsequenz. J Dtsch Dermatol Ges 2019;17(1):15-23


    Sunderkötter C, Feldmeier H, Fölster-Holst R et al. S1-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Skabies. AWMF-Registernummer: 013-052


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