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    #11 Pflanzliche Schlafmittel: Wenn, dann aus der Apotheke

    3. Februar 2019

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    Prof. Dr. med. Harald Schmidt

    In dieser 4. Podcast-Folge zum Thema Schlaf spricht Prof. Dr. med. Harald Schmidt über Pflanzliche Schlafmittel und warum diese - wenn überhaupt - wie alle pflanzlichen Arzneimittel unbedingt aus der Apotheke sein sollten. Der neueste Stand der Medizin, Evidenz-basiert und direkt umsetzbare praktische Impulse warten auf Sie. //  




    Vorbemerkung //  

    Ich sag’s gleich, wie auch schon in der letzten Folge zur Schlafhygiene, ich bin kein Freund von Schlafmitteln. Pflanzliche Arzneimittel mögen gegenüber chemischen das kleinere Übel sein, aber auch hier gilt Schlafhygiene geht vor Schlafmittel. Ausnahmen sind ganz besondere Lebenssituationen und kurzzeitige Anwendung. //  




    Pflanzliche Extrakte //  

    Bei pflanzlichen Arzneimitteln gibt es stets Tees und Extrakte. Alle Schlaf-Tees wurden negativ bewertet. Daher geht es heute ausschließlich um Extrakte. Und bezüglich dieser Extrakte beziehe ich mich ausdrücklich auf Apothekenware und Extrakte hieraus. Natürlich gibt es auch außerhalb von Apotheken derartige Extrakte; diese sind aber so unzureichend standardisiert und oft minderer Qualität, dass ich hierzu keinen Kommentar abgeben kann. Zu den Pflanzlichen Schlafmitteln gehören Extrakte der Baldrianwurzel, aus Hopfenzapfen, Lavendelblüten, Melissenblättern und der Passionsblume.  //




    Baldrianwurzel //  

    Für Baldrianprodukten liegen klinische Studien vor. Viele davon hatten allerdings nur wenige Teilnehmer, maßen unterschiedliche Symptome und verwendeten verschiedene Baldrian-Dosierungen und sind daher nicht untereinander vergleichbar. Dies macht es schwierig, über eine mögliche (Un-)Wirksamkeit von Baldrian zu urteilen. Es ist nicht belegt, dass Baldrian dabei helfen kann, rascher einzuschlafen. Es ist auch nicht belegt, dass die Mittel für einen längeren Schlaf sorgen. In punkto Schlafqualität sind die Studien zumindest widersprüchlich. Baldrianwurzel wird bei Unruhezuständen und nervös bedingten Einschlafstörungen gegeben. Für die beruhigende, schlafanstoßende Wirkung konnte allerdings kein einzelner Inhaltsstoff identifiziert werden. Insofern ist eine wirkungsgleiche Standardisierung nicht möglich. Wie Benzodiazepine, wirken auch Baldrianbestandteile am GABAA-Benzodiazepin-Rezeptor-Komplex. Baldrianextrakte besitzen praktisch keine Nebenwirkungen, vor allem scheinen sie das Reaktionsvermögen nicht einzuschränken. Baldrian macht also nicht müde sonder beruhigt. Aber auch in der Baldriantherapie gelten einige Kriterien, die berücksichtigt werden müssen: Der Baldrianextrakt muß ausreichend hoch dosiert sein. Als sinnvoll gilt eine Tagesdosis von 600 mg eines qualitäts­geprüfte Standard-Extraktpräparats aus der Apotheke, und zwar aus Valeriana officinalis, dem echten Baldrian. Es gibt nämlich 250 Baldrian Arten. Die Wirkung tritt, wie bei allen Pflanzenextrakten, erst nach einigen Tagen ein. //  




    Hopfenzapfen //  

    Die Datenlage für Hopfen ist dürftiger. Klinische Studien gibt es nur zu Mischpräparaten, die außer Hopfen z.B. noch Baldrian enthalten. Zudem wurden viele von Herstellern finanziert; und sie alle erfüllten diverse wissenschaftliche Gütekriterien nicht und sind daher nicht vertrauenswürdig. Trotzdem hat die für Phytotherapie zuständige Kommission E des Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine positive Monographie verabschiedet. Im Tierversuch wurde eine sedierende Wirkung von isoliertem Methylbutenol festgestellt. Die Substanz kommt jedoch nur in niedriger Konzentration im Hopfenzapfen vor. //  




    Melissenblätter //  

    Bei Melisse ist die Datenlage wiederum deutlich besser. Das ätherische Öl, über die Atemluft inhaliert, zeigte bei Mäusen eine deutliche Reduktion der Spontanmotilität. Es sind keine verantwortlichen Inhaltsstoffe identifiziert worden und ist damit - ich wiederhole mich - auch nicht bezüglich der Wirkung standardisierbar. //  




    Lavendelblüten //  

    Lavendelöl-Präparate konnten gute Daten bei Angst- und Spannungszuständen vorweisen. Dadurch könne es auch den Schlaf verbessern, aber es sei kein Schlafmittel im engeren Sinne. Als Angst-lösende Inhaltsstoffe wurden Linalool und Linalylacetat in Humanversuchen identifiziert, die wie die Benzodiazepine über GABAA Rezeptoren wirken.. //  




    Passionsblume/Passiflora //  

    Passionsblume wird meist zur Angstminderung eingesetzt. Unter der Behandlung mit Passiflora bessert sich aber auch die subjektive Schlafqualität bei ansonsten gesunden Erwachsenen. Das Wirkprinzip wird inzwischen dem Chrysin zugeordnet. Es soll die Benzodiazepinrezeptoren besetzen. //  




    Zusammenfassung //  
    1. An erster Stelle immer noch Schlafhygiene und nicht-medikamentöse Maßnahmen


    2. Wenn, dann pflanzliche Mittel ohne Suchtpotential, von denen Baldrianwurzel und Melissenblätter  eine recht gzte Evidenz haben; Hopfenzapfen eher keine. Lieber ein Leckeres Bier. Lavendelblüten, und Passionsblume sind keine Schlafmittel im engeren Sinne, fördern diesen aber wohl durch ihre Angst-lösende Wirkung


    3. Wenn Pflanzlich, dann Extrakte; und wenn extrakte, dann immer hochwertige, standardisierte aus der Apotheke //  




    Referenzen //  

    • Leitlinie https://www.dgsm.de/downloads/aktuelles/S3%20LL%20Nicht-erholsamer%20Schlaf%20Kap%20Insomnie%20Somnologie%202017.pdf


    • Deutsche Apotheker-Zeitung: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2013/daz-44-2013/baldrian-hopfen-and-co


    • Glaeske, G. (2018): Medikamente 2016 - Psychotrope und andere Arzneimittel mit Missbrauchs- und Abhängigkeitspotenzial. In: Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (Hrsg.): DHS Jahrbuch Sucht 2018. Lengerich: Pabst Science Publishers.


    • Darker CD, Sweeney BP, Barry JM, Farrell MF, Donnelly-Swift E. Psychosocial interventions for benzodiazepine harmful use, abuse or dependence. Cochrane Database Syst Rev 2015; (5): CD009652.


    • Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS). Psychotrope Medikamente - Prävalenz der Medikamentenabhängigkeit.


    • Gomes de Matos E, Atzendorf J, Kraus L, Piontek D. Substanzkonsum in der Allgemeinbevölkerung in Deutschland – Ergebnisse des Epidemiologischen Suchtsurveys 2015. SUCHT 2016; 62(5): 271-281.


    • Gould RL, Coulson MC, Patel N, Highton-Williamson E, Howard RJ. Interventions for reducing benzodiazepine use in older people: meta-analysis of randomised controlled trials. Br J Psychiatry 2014; 204(2): 98-107.


    • Mugunthan K, McGuire T, Glasziou P. Minimal interventions to decrease long-term use of benzodiazepines in primary care: a systematic review and meta-analysis. Br J Gen Pract 2011; 61(590): e573-578.


    • Parr JM, Kavanagh DJ, Cahill L, Mitchell G, McD Young R. Effectiveness of current treatment approaches for benzodiazepine discontinuation: a meta-analysis. Addiction 2009; 104(1): 13-24.


    • Wright A, Diebold J, Otal J, Stoneman C, Wong J, Wallace C et al. The Effect of Melatonin on Benzodiazepine Discontinuation and Sleep Quality in Adults Attempting to Discontinue Benzodiazepines: A Systematic Review and Meta-Analysis. Drugs Aging 2015; 32(12): 1009-1018.


    • NIH Office of Dietary Supplements (2013) Valerian. Fact Sheet for Health Professionals. https://ods.od.nih.gov/factsheets/Valerian-HealthProfessional/


    • European Medicines Agency (2016) Valerianae radix. http://www.ema.europa.eu/ema/index.jsp?curl=pages/medicines/herbal/medicines/herbal_med_000015.jsp&mid=WC0b0 //  




    Pharma-Song:   //  


    Der heutige Pharma-Song ist von ”Harald Grosskopf” aus dem Album “Synthesist” und heißt nicht nur “B. Aldrian” sondern ist auch richtig schön beruhigend, wenn auch ohne Text.


    https://itunes.apple.com/de/album/synthesist/1185047376?l=en


    https://www.youtube.com/watch?v=98jM1V68rDo  //  




    Kontakt: //  


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